Kritiken

 

  Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan
2005
  "... aus weggeworfenem und aufgefundenem Schrott Skulpturen zu gestalten, mag manchem als Marotte erscheinen, als erhaschtes Markenzeichen ähnlich dem Hantieren mit Nägeln. Das war es aber nicht. Der empfindsame, grüblerische Mensch mit weitem Bildungshorizont und das Vulkanische im Umgang mit Schweißgerät und manchmal schweren Gewichten, was so gar nicht zusammenzupassen scheint, deuten schon darauf, dass Herbert Press nicht dem modernen Typus des Berserker-Künstlers zuzurechnen ist. Die dem Verrosten entrissenen Gebilde haben Hintergründe ..."

"... Herbert Press war ... von Wiegemessern fasziniert, die heute im Zeitalter der elektrischen Küchenmaschinen nicht mehr gebraucht werden. Er machte aus ihnen schwankende Skulpturen, die er Orakel nannte, unsichere Aussagen. Das Statuarische, das aufrechte und unverrückbare Dastehen, ist geleugnet. Aber nicht nur das liegt in den Wiegemessern. Hier treffen sich zwei Assoziationsfelder, die sich widersprechen: die unschuldige Kindheit, an die wir bei dem Wort "Wiege" denken, und das Aggressive, Verletzende, ja Mörderische, das mit "Messer" verbunden ist. Kind in der Wiege und Messer, das ist etwas Empörendes wie der Bethlehemitische Kindermord ..."


  Dr. Lucie Schauer, 1981
Leiterin des Neuen Berliner Kunstvereins
  "Früher hätte man Press vielleicht mit einem Demiurgen verglichen; ursprünglich im alten Athen die Bezeichnung für einen Handwerker; in der späteren Antike ein Schöpfer neuer Welten, auf einer Mittlerstufe zwischen Mensch und Gottheit, noch später im übertragenen Sinne ein Erschaffer künstlerisch eigengesetzlicher Weltgebilde; Press spricht von 'Gegenwelten'. Man sollte sich ... vergegenwärtigen, dass Herbert Press ausgebildeter Architekt und Ingenieur war, bevor er sich ... der Bildhauerarbeit, dem plastischen Gestalten im Raum zuwandte. Beide Stränge sind eine interessante Symbiose eingegangen. Baumeister und Weltenbaumeister im selben Atemzug ..."


  Eberhard Roters, 1972
Direktor der Berlinischen Galerie
von 1976 bis 1987

  "Press ist Eisenplastiker. Er greift auf einen Fundus elementarer Proportionsformen zurück, deren Kombinationen er immer wieder neue Varianten abgewinnt. Zum Fundus gehören die Kreisscheibe, die Halbkreisscheibe, der Kreissektor, die Viereckscheibe, die Kugel, die Kelle, die Rippe, ... der Quader, der Pfeiler. Die Materialien für seine Arbeit findet Press vor ­ auf den Schrottplätzen. Die elementaren Formen sind ... [dort] vorzufinden, da sie von Menschen hergestellt wurden, um sie für elementare Zwecke zu nutzen ...
Ferrum, das Metall des Mars, das Element des Kriegsgottes, angriffslustig, streitlüstern und herausfordernd, - Herbert Press, der Eisenplastiker, steht vor der Tür seiner Werkstatt und sagt einen erstaunlichen Satz, der die Wirkintensität seiner Arbeiten umfassend erklärt.
Er sagt: Ich mag dieses Metall nicht, ich hasse Eisen ..."


  Hans-Ulrich Klose MdB, 2005
  "Ich hasse Eisen, sagt Herbert Press, und schafft aus eben diesem Metall Kunstwerke, die zum Besten gehören, was ich, aus Eisen gefertigt, kenne. Nicht nur bedrohliche und auf Bedrohung reagierende Tabu-Zeichen; auch Werke, die man "schön" nennen darf, weil Herbert Press selbst das in der modernen Kunst lange verpönte Adjektiv verwendet: La belle Italienne, La belle Jardinière ...

... Wer die Arbeiten von Herbert Press betrachtet, wird die Schwere seines Werkes sofort wahrnehmen. Von den Orakeln über die Kopf- und Helmwelten, von den Kampfwagen bis zu den Torsi, den gezeichneten und durchlöcherten Menschenwänden offenbart sich ein Mensch, der von den Schrecken der Welt weiß, der Zeitzeichen setzt, um die Zeiten des Schreckens zu überwinden und aufzuhalten. Nur gelegentlich ... mischen sich freundlich-sehnsuchtsvolle Stücke zu jener über die Jahre angestrebten und geheimnisvollen Ordnung, von der in einer handschriftlichen Notiz von Herbert Press die Rede ist ..."
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